Neue Grundrechte für ein gemeinsames Europa und Klimaschutz

Ein Beitrag von Emilie Kleinheinrich (Praktikantin des fesa e.V.)

Der Schriftsteller und Jurist Ferdinand von Schirach veröffentlicht am 13. April 2021 ein Buch, kaum größer und dicker als ein Reisepass, mit dem Titel „Jeder Mensch“ in dem er sechs neue Grundrechte für die Europäische Union fordert. Entstanden ist das Buch in monatelanger Zusammenarbeit mit mehreren Staats- und Europarechtlern.

Von Schirach möchte sich bei dieser Initiative nicht selbst in den Vordergrund stellen, sondern die Wünsche der Bürger*innen der europäischen Union sichtbar machen. Wir selbst müssen aktiv unsere Rechte einfordern, nur so kann es langfristige Veränderungen geben. Von Schirach bezeichnet die Selbstbestimmung des verfassungsrechtlichen Rahmens durch die Bürger*innen als demokratische Selbstverständlichkeit.  

Eine Erneuerung der Grundrechtecharta der EU empfindet von Schirach vor allem deswegen als notwendig, da die Verfassung der EU bereits im Jahr 2004 unterzeichnet wurde und in der heutigen Zeit veraltet ist. Viele der modernen Probleme, die z.B. mit dem Anstieg der Internetnutzung und den sozialen Medien, der Globalisierung und dem Klimawandel einhergehen, werden durch die Verfassung nicht mehr abgedeckt. Dabei handelt es sich jedoch um grundlegende Probleme der heutigen Zeit.

Von Schirach spricht der Grundrechtecharta von Brüssel zwar eine enorme Bedeutung zu, kritisiert jedoch zwei Punkte. Zum einen sei sie zu wenig utopisch (im Sinne eines Versprechens an die Zukunft) formuliert und scheitere somit daran, die europäischen Bürger*innen zu vereinen. Zum anderen seien viele der Aspekte der Verfassung nicht als Grundrechte, sondern mehr als Ziele formuliert und könnten somit nicht vor dem europäischen Gerichtshof eingeklagt werden. Das Recht, seine Grundrechte, wie z.B. den Klimaschutz, einklagen zu können, ist aber äußerst wichtig, da Veränderungen jetzt geschehen müssen und nicht erst in 20 Jahren, wenn durch fehlenden Klimaschutz die körperliche Unversehrtheit bedroht ist.

Die neuen Grundrechte wurden von Ferdinand von Schirach absichtlich sehr deutlich, einfach und streng formuliert, da jeder Mensch beim Lesen der Rechte denken soll: Ja, das ist logisch und selbstverständlich! Auch einige der bekanntesten Grundrechte der letzten Jahrzehnte, wie Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ oder Artikel 3: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, scheinen zunächst utopisch und lassen Raum für Interpretation. Eine Auseinandersetzung damit ist aber wichtig.

Die Grundrechte, die Ferdinand von Schirach für Europa formuliert, lauten wie folgt:

  • Artikel 1 – Umwelt: Jeder Mensch hat das Recht, in einer gesunden und geschützten Umwelt zu leben.
  • Artikel 2 – Digitale Selbstbestimmung: Jeder Mensch hat das Recht auf digitale Selbstbestimmung. Die Ausforschung oder Manipulation von Menschen ist verboten.
  • Artikel 3 – Künstliche Intelligenz: Jeder Mensch hat das Recht, dass ihn belastende Algorithmen transparent, überprüfbar und fair sind. Wesentliche Entscheidungen muss ein Mensch treffen.
  • Artikel 4 – Wahrheit: Jeder Mensch hat das Recht, dass Äußerungen von Amtsträgern der Wahrheit entsprechen.
  • Artikel 5 – Globalisierung: Jeder Mensch hat das Recht, dass ihm nur solche Waren und Dienstleistungen angeboten werden, die unter Wahrung der universellen Menschenrechte hergestellt und erbracht werden.
  • Artikel 6 – Grundrechtsklage: Jeder Mensch kann wegen systematischer Verletzungen dieser Charta Grundrechtsklage vor den Europäischen Gerichten erheben.“

Die Durchsetzung dieser Grundrechte soll nach von Schirach durch einen Verfassungskonvent erfolgen, der dafür auf europäischer Ebene eingerichtet werden müsste. Dieser würde dann die Wünsche und Forderungen der Bürge*innen diskutieren, ausarbeiten, erweitern und schlussendlich beschließen. Abschließend müssten die neuen Grundrechte noch durch die einzelnen Länderparlamente abgesegnet werden. Die Durchsetzung dieser sechs Grundrechte wären ein Zeichen dafür, dass wir, die Bürger*innen, Europa selbst nach unseren Wünschen gestalten und somit gemeinsam für eine bessere Zukunft einstehen können. Aus der Idee einer europäischen Union würde ein gemeinsames Europa werden.

Die Initiative wird organisiert durch einen eigens dafür gegründeten, gemeinnützigen Verein, die Stiftung JederMensch e.V..

Jeder der die Aktion unterstützen möchte, kann über den folgenden Link die Petition unterschreiben und somit für die oben genannten Grundrechte stimmen: you.wemove.eu/campaigns/fur-neue-grundrechte-in-europa. Alle Personen, die an dem Projekt beteiligt waren, arbeiteten ehrenamtlich daran. Der Luchterhand Verlag hat das Buch praktisch zum Selbstkostenpreis produziert. Kosten wird es fünf Euro. Alle Einnahmen aus den Verkäufen werden der Stiftung JederMensch e.V. zugutekommen.

Quellen:

2 Comments

  1. Gerda Bruhn

    Das brauchen wir nicht, die Pandemie haben wir bald im Griff, ab 1. Mai eröffnen wieder successive Geschäfte und Lokale und Urlaubsreisen in großem Stil werden wieder alltäglich sein. Die Politik kann gar nicht anders, weil wir wollen unser altes Leben wieder. Zwischenzeitlich bringen Riesenfrachter EVER GIVEN und unzählige weitere unsere zahllosen Must Haves“, wir entsorgen unsere No-Goes“ und sind wieder sommerfit, wofür auch immer.

    Herzlich grüßt das Murmeltier.

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